Geschichten aus der Schäferei in Bad Urach

Container

Weiden für Schafherden gab es in Urach schon lange vor der Einrichtung der Weide auf Ulmer Eberstetten, ja die Stadt beanspruchte für sich das Recht, sogar zu bestimmten Zeiten Privatgüter beweiden zu lassen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Schäferei in Württemberg war schon seit dem Mittelalter groß. Man war auf die Erzeugung von Wolle im eigenen Land angewiesen. Als Fleisch- und Milchlieferant war das Schaf ebenfalls wichtig. Bis zum Einsatz von Mineraldünger Ende des 19. Jahrhunderts war zudem Schafmist der wichtigste Dünger für die Äcker der Albbauern. Auch die Einnahmen aus den „Pferchnächten“, den Nächten, die eine Herde auf einem Acker verbrachte, wollte man in der Gemeindekasse nicht wissen. Wie die Handwerker, so waren auch die Schäfer schon in der Grafschaft Württemberg, also vor 1495, in einer Zunft organisiert, die ihren Sitz in Markgröningen bei Ludwigsburg hatte. Dorthin mussten sich auch die Albschäfer zum jährlichen Zunfttag begeben. Sie mussten so jeden Sommer für längere Zeit ihre Herden unerfahrenen Leuten überlassen. Dies führte zu ständigen Klagen. 

1723 hatte der Herzog endlich ein Einsehen und ließ die Errichtung sogenannter Nebenladen zur Markgröninger Haupt(zunft)lade im Herzogtum zu und zwar in Wildberg, Heidenheim und Urach. Urach wurde so Zunftort für die Schäfer der Städte und Ämter Tübingen, Kirchheim/Teck, Nürtingen, Bebenhausen, Neuffen, Balingen, Tuttlingen, Pfullingen, Ebingen und Münsingen, sowie des Klosteramts Pfullingen und des Klosters Offenhausen, ferner für die Schäfer von Steußlingen und Gomaringen. Gleichzeitig mit der Errichtung der Nebenlade wurde in Urach einer der bedeutendsten Schafmärkte des Herzogtums eingerichtet. Der erste Zunfttag, der erste Schäferlauf, in Urach fand am 29. Juni 1724 statt. Er wurde zuerst jährlich, dann ab 1740 nur noch in Jahren mit ungeraden Jahreszahlen und zwar im Wechsel mit Wildberg abgehalten. Als die Schäferzunft im Frühjahr 1828 aufgelöst wurde, übernahmen die Schäferlaufstädte den Zunfttag, um den herum längste eine Schäferfest-Tradition endstanden war. So ist es bis heute geblieben. In Bad Urach findet alle zwei Jahre ein Schäferlauf statt. Die Stadt fühlt sich immer noch mit den Albschäfern verbunden.

Quelle

Textauszug aus "Bad Urach Wanderbuch" von Walter Röhm, erschienen 1995 von der Arbeitsgemeinschaft Fremdenverkehr Bad Urach e.V.