Geschichten von Güterstein

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Gestütshof Güterstein

Die Fachwerkgebäude des Gestütshofs umstehen einen großen, fast quadratischen Innenhof. Im quer zum Tal stehenden Hauptbau, der mit einer Toreinfahrt versehen ist, sind Stallungen und die Wohnung des Verwalters untergebracht. Auch im angebauten Westflügel befinden sich Stallungen und Lagerräume. Auf der Seite zum Runden Berg hin wird der Hof durch einige kleinere Lagergebäude begrenzt. In Richtung Talschluss steht ein schönes altes Fachwerkhaus (renoviert 1994), in dem einst der herzogliche Brunnenmeister mit seiner Familie wohnte. Er war für den Betrieb des 1710 erstellten Brunnenhauses verantwortlich. Vor dem Brunnenmeisterhaus steht ein gusseiserner Laufbrunnen aus dem Jahre 1823. An der Stelle des Gestütshofs standen früher die Wirtschaftsgebäude des 1534 aufgehobenen Klosters Güterstein. Herzog Christoph von Württemberg (1515-1568) hatte in der großen Klosterscheuer 1554 einen Fohlenstall einrichten lassen „12 Schuh hoch, mit Doppelständen und Heubühnen darüber“ wie der Befehl lautete. Im Dreißigjährigen Krieg brannten die Gebäude ab. Sie wurden aber schon 1674-76 wieder aufgebaut. Herzog Carl Eugen von Württemberg (1728-1793) fand, dass es im Gütersteiner Tal für die Pferde zu kalt sei und verlegte die Ställe 1770 an den Tiergartenberg am Rande der Stadt. Später waren die Fohlen dann sogar im ehemaligen Mönchshof neben der Stiftskirche St. Amandus einquartiert bis König Wilhelm I. von Württemberg (1781-1864) anlässlich eines Besuchs feststellte, dies sei nun wohl doch nicht der rechte Ort. Die Fohlen kehrten zurück nach Güterstein und bekamen in den Jahren 1819/20 neue Ställe in dem noch heute stehenden Fachwerkwinkelbau mit dem Uhrtürmchen.

© Regio Stuttgart

Kloster Güterstein

Das Kloster wird in den Registern des vatikanischen Archivs schon am 30. Januar 1254 urkundlich belegt. Gegründet wurde es aber schon früher durch Graf Konrad von Urach. Er ließ sich von seinen Brüdern, den Grafen Rudolf und Berthold von Urach, den Platz „ad lapidem“, zum Stein, um 1226 übertragen und begann eine Gründung des Zisterzienserordens. Konrad von Urach war einer der ersten Männer der damaligen Kirche. Als zweiter Sohn des in Urach residierenden Grafen Egino IV. des Bärtigen, wurde er vor 1180 vermutlich in Urach geboren. Seine Mutter Agnes stammt aus dem angesehenen und bedeutenden Geschlecht der Zähringer. Da er als nachgeborener Sohn nicht zur Herrschaft aufsteigen konnte, wurde er für den geistlichen Stand bestimmt. Er kam zu seinem Onkel Rudolf von Zähringen, dem Bischof von Lüttich. Nach einer guten Ausbildung am Domstift von Lüttich wurde er dort Domherr und später Dekan des Domkapitels. Als er im Jahre 1200 zum Bischof gewählt werden sollte, verzichtete er und entschied sich für den damals strengsten und lebendigsten Orden, den es in der Kirche gab, den der Zisterzienser. Er trat in das Kloster Villers an der Dyle in Brabant ein. Im Jahre 1214 wurde er zum Abt von Vlairvaux, dem Kloster des heiligen Bernhard, gewählt; 1215 nahm er am Laterankonzil, dem bedeutendsten kirchlichen Ereignis des 13. Jahrunderts, teil. Schon im Jahre 1217 war er Generalabt in Citaux. Nun unterstanden Konrad von Urach die fast 600 Männerklöster des Ordens zwischen Skandinavien und Sizilien, Portugal und Syrien. Aber auch dieses große Amt war nur eine Zwischenstation im Aufstieg an die Spitze der Kirche. Im Januar 1219 weihte Papst Honorius III. Konrad von Urach zum Kardinalerzbischof von Porto und St. Rufino. Konrad gehörte damit der Kurie an. Als Vermittler in den kriegerischen Streitigkeiten zwischen England und Frankreich im Auftrag des Papstes hatte sich Konrad schon 1216 hervorgetan. Der Papst betraute ihn weiter mit schwierigen Sonderaufgaben. Er vermittelte im Streit zwischen Papst und Kaiser Friedrich II. und reiste schließlich als päpstlicher Legat durch Europa, um einen neuen Kreuzzug zu propagieren. Nach dem Tode von Honorius III. im Jahre 1227 schlug er die Papsttiara aus: als bei der Wahl Stimmengleichheit eintrat, gab er seine Stimme einem Mitbewerber. Am 29. September 1227 starb Konrad von Urach. Er wurde in Clairvaux begraben. Seine Klostergründung Güterstein wurde von seinem Bruder Rudolf, der Mönch im Zisterzienserkloster Bebenhausen war, weiterentwickelt. Er ging mit zwei Ordensbrüder nach Güterstein und vollendete das Werk seines Bruders mit Erlaubnis von Papst Innocenz IV. Rudolf starb vor 1260. Die kleine Zisterze überlebte ihn nicht lange. Nur die Marienkirche blieb als Wallfahrtsort bestehen.

Mit dem Übergang der Herrschaft Urach an die Grafen von Württemberg vor dem Jahr 1279 überließen die neuen Herren Güterstein den Mönchen des mächtigen Benediktinerklosters Zwiefalten, die in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts um die Marienkirche eine Propstei errichteten. Als Gründer gilt Graf Eberhard II. von Württemberg, der Greiner. Er begründete zugleich eine reiche Stiftungstradition, die die Propstei bald wohlhabend machte und eine stetige Vermehrung des Besitzes ermöglichte. Schon bald kam es aber wegen Güterstein zu Streitigkeiten zwischen den Grafen von Württemberg und den Mönchen von Zwiefalten. Im Jahre 1425 wurde deshalb ein Vertrag geschlossen, der eine schrittweise Loslösung der Propstei Güterstein von Zwiefalten vorsah. Güterstein wurde damit weitgehend ein eigenständiges Kloster.

Die Württemberger aber wollten Güterstein ganz aus dem zwiefaltischen und damit österreichischen Einfluss herausbrechen und endgültig unter württembergische Landeshoheit bringen. Dies gelang ihnen unter Einsatz nicht immer ganz legaler Mittel im Jahre 1439. 1441 wandelten die Grafen Ludwig I. von Württemberg (1412.1450) und Ulrich V. von Württemberg (1413-1480) das Benediktinerkloster in eine Kartause, der ersten und einzigen in ihrem Land, um und nahmen diese in ihren Schutz und Schirm. Damit zog der strengste Orden der katholischen Kirche im stillen Gütersteiner Tal ein. Nach der Teilung der Grafschaft Württemberg durch den Vertrag von Nürtingen im Jahre 1442 wurden die Beziehungen der Kartause zu dem in Urach residierenden Grafenhaus besonders eng. Die Grafen von Württemberg-Urach verehrten die Gütersteiner als ihre geistlichen Väter, und die Mönche sahen in Graf Ludwig I. den Vater der Kartause. Mechthild (1419-1482), die Gemahlin Ludwigs I. wurde als zweite Gründerin der Kartause bezeichnet. Auch ihr berühmter Sohn Eberhard V. von Württemberg (1445-1496), genannt Eberhard im Bart, bewahrte dem Kloster sein Wohlwollen. Ehe er 1468 ins Heilige Land reiste, holte er den Segen des Priors ein und suchte gleich nach seiner glücklichen Rückkehr Güterstein erneut auf. Graf Ludwig I. (…1450), seine beiden Söhne Andreas (…1443) und Ludwig II. (…1457) sowie seine Frau Mechthild (…1482) wurden in der Marienkirche beigesetzt und von Graf Eberhard V. nach Fertigstellung der Andreaskapelle im Jahre 1486 dorthin überführt. Weiter wurden in Güterstein  beigesetzt: Ludwig von Greiffenstein (…1495) und Gräfin Anna, die Tochter Herzog Ulrichs I. die im Jahre 1530 an der Pest starb.

Die Reformation fand ihren Weg schon sehr frühzeitig in die Kartause: Einer der Mönche predigte schon 1522 im lutherischen Sinn und floh dann zu Matthäus Alber in die nahe Reichsstadt Reutlingen. Als Herzog Ulrich V. von Württemberg nach der siegreichen Schlacht bei Lauffen am Neckar im Mai 1534 nach Württemberg zurückkehren konnte, hob er darauf das Kloster auf und übergab die Verwaltung des reichen Besitzes dem Geistlichen Verwalter.

Warum es Herzog Ulrich so eilig hatte, die Kartause aufzuheben, ist nicht geklärt. Nicht bewiesen ist, dass Herzog Ulrich vor seiner Vertreibung aus dem Lande Schutz suchend vor der Klosterpforte durch den Prior abgewiesen wurde und Rache schwor. Das gleiche gilt von der überlieferten Äußerung des Herzogs: „Dies Kloster ist ein zweites Rom, ich will ein zweites Jerusalem daraus machen!“ Wahrscheinlicher ist, dass die wohl allgemein unfreundliche Haltung der Kartause ihn zu entschlossenem Handeln bewogen haben mag. Eine Rolle könnte aber gespielt haben, dass die Mönche die Bestattung des Leichnams seines schärfsten politischen Gegners, des württembergischen Kanzlers Gregor Lamparter, in der fürstlichen Grablege der Andreaskapelle zuließen. Ein Teil der Mönche floh in andere Klöster. Andere, die sich der neuen Lehre anschlossen, fanden Anstellung im württembergischen Kirchendienst. Herzog Christoph von Württemberg (1515-1568) ließ 1552 das Kloster abbrechen, Auch die Andreaskapelle verfiel. Dem Herzog wurde empfohlen, auch diese zur Gewinnung weiterer Steine für den Ausbau der Festung Hohenneuffen und Hohenurach vollends „umzuwerfen“, Er kam dieser Empfehlung 1554 nach. Zuvor ließ er die Sarkophage mit den Überresten seiner Vorfahren in die Stiftskiche nach Tübingen überführen. Erhalten geblieben aus Güterstein sind insbesondere das großartige Grabmal Mechthilds, der Mutter des Grafen Eberhard im Bart, das heute in der Tübinger Stiftskirche bewundert werden kann, ein Werk des berühmten Ulmer Bildhauers Hans Multscher, sowie ein Altar, den der Hofmann Stefan Schreiber gestiftet hat und der heute in der Stiftskirche Oberstenfeld aufgestellt ist. Der Altar zeigt noch von der einst reichen Ausstattung des Klosters.

Quelle

Textauszug aus "Bad Urach Wanderbuch" von Walter Röhm, erschienen 1995 von der Arbeitsgemeinschaft Fremdenverkehr Bad Urach e.V.