Geschichte der Burgruine Hohenurach

Wie bei den meisten mittelalterlichen Burgen gibt’s es für Hohenurach weder Gründungsurkunde noch datierten Grundstein. Historiker gehen heute davon aus, dass die Grafen von Urach die erste Burg an dieser Stelle um das Jahr 1091 gegründet haben. 

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Urkundlich erwähnt wird die Burg Hohenurach erstmals 1235. Um 1264 verkauften die Grafen von Urach ihre Stadt und Burg im Ermstal an die Grafen von Württemberg, die wohl vor allem strategisch dachten. Im Reichskrieg (1310-1313) unter der Führung König Heinrichs VII. von Luxemburg gegen Graf Eberhard I. von Württemberg widerstand die Trutzburg im Ermstal erfolgreich allen Angriffen. An der militärischen Bedeutung des Hohenurach änderte sich auch im 15. Jahrhundert nicht, wohl aber war es notwendig, die Festung zu modernisieren. Graf Ludwig I. von Württemberg ließ deshalb vom Jahre 1427 an auf den Grundmauern der alten Burg eine neue Burganlage entsprechend der Waffen- und Kriegstechnik seiner Zeit bauen. Sein berühmter Sohn Eberhard V. ließ die Festung ebenfalls stets an die Entwicklung der Kriegstechnik anpassen. 

Als Herzog Ulrich von Württemberg in einem Blitzkrieg im Jahre 1519 sein Land verlor und es 15 Jahre später ebenso blitzartig wiedergewinnen konnte, ohne dass die über 50 veralteten württembergischen Höhenburgen bei diesen Auseinandersetzungen eine Rolle spielten, war die Notwendigkeit eines neuen Verteidigungssystems offenkundig. Nach seiner Rückkehr ins Land (1534) begann Herzog Ulrich damit, einen neuen Festungsgürtel um sein Kernland anzulegen. Dafür wählte er fünf Höhenburgen und zwei Städte aus: Die Burgen Hohenasperg, Hohenneuffen, Hohenurach, Hohentübingen und Hohentwiel, sowie die beiden Städte Schorndorf und Kirchheim/Teck. Aus ihnen machte er Festungen im Stile der Renaissance. Dem Hohenurach kam in diesem Verteidigungskonzept die Aufgabe zu, das Land insbesondere gegenüber der Weltmacht Habsburg zu schützen. Diese württembergischen Festungsbauten waren für die innere und äußere Festigung des zuerst durch die Verschwendungssucht des Herzogs, dann durch Krieg und österreichische Besetz schwer erschütterten Landes von höchster Bedeutung. Sie legten aber auch dem herzoglichen Kammergut und dem Land ungeheure finanzielle Lasten auf. 

Trotz des Ausbaus in den Jahren 1534 - 1543 wurde die Festung Hohenurach im Schmalkaldischen Krieg 1547 stark in Mitleidenschaft gezogen. Herzog Christoph von Württemberg setzt das Festungsbauwerk seines Vaters fort und baute den Hohenurach ab 1551 wieder auf. Die neue Fortifikation blieb nun über zwei Jahrhunderte bestehen, bis durch die Weiterentwicklung der Feuerwaffen Festungen dieser Art den militärischen Schutz eines Landes nicht mehr gewährleisten konnten. Die Kriegstaktik änderte sich zwangsläufig. 

Ihre größte Bewährungsprobe hatte die Festung Hohenurach wohl im Dreißigjährigen Krieg zu bestehen. Die Schlacht von Nördlingen am 27.08.1634 brachte eine vernichtende Niederlage Schwedens uns seiner Verbündeten und damit auch Herzog Eberhard III. von Württemberg. Sein Herzogtum wurde zum Kriegsschauplatz. Zwar konnte der Hohenurach militärisch nicht bezwungen werden, nach fast neunmonatiger Belagerung (22.11.1634 bis 19.07.1635) musste die ausgehungerte Besatzung aber vor den Kaiserlichen kapitulieren. Nach Abzug der bayrischen Besatzer im September 1649 plante Herzog Eberhard III. umfangreiche Erneuerungs- und Erweiterungsarbeiten, die dann von 1663-69 teilweise durchgeführt wurden. Gebaut wurde damals insbesondere das „Neue Werk“, das die Südseite und damit auch den einzigen Zugang zur Festung gegen einen Angriff durch die enorm weiter entwickelte Artillerie schützen sollte. 

Ab dem 16. Jahrhundert war die Festung auch Staatsgefängnis. So war hier 1590 der Tübinger Professor Nikodemus Frischlin (1547-1590) sieben Monate eingekerkert, bis er bei einem Fluchtversuch ums Leben kam. Ein weiterer prominenter Gefangener war von 1609-1613 der herzogliche geheime Rat Matthäus Enzlin (1556-1613), dem eine ganze Reihe krimineller Delikte und Landesverrat vorgeworfen wurde. Auch zwei berühmte herzogliche Baumeister, Donato Giuseppe Frisoni und Paolo Retti, waren 1735 „Gäste“ auf der Landesfestung Hohenurach. Ihnen warf man vor, herzogliche Gelder veruntreut und sich betrügerisch bereichert zu haben. Kurz zuvor, vom Juni 1732 bis März 1733, war die Reichsgräfin Christiane Wilhelmine Frederike von Würben geborene von Graevenitz (1686-1744) die Gräfin von Urach und Mätresse des Herzogs Eberhard Ludwig von Württemberg, auf der Festung inhaftiert. 

Eine militärische Anlage wie die Landesfestung Hohenurach stellte auch für die Bevölkerung der naheliegenden Stadt eine Bedrohung dar. Die Bürgerschaft wollte die Anlage deshalb ein für allemal loswerden und stellte noch im Dreißigjährigen Krieg bei den Siegern den dringen den Antrag, die Festung „zu sprengen und mit Feuer zu ruinieren“. Vergeblich. Erst 1765 entschloss sich Herzog Carl Eugen von Württemberg, seine Soldaten in die Stadt zu verlegen und die Landesfestung Hohenurach abbrechen zu lassen. Von der Landesfestung Hohenurach blieb nur eine gewaltige Ruine übrig, eine der größten, wuchtigsten und bedeutsamsten im süddeutschen Raum.

Quelle

Textauszug aus "Bad Urach Wanderbuch" von Walter Röhm, erschienen 1995 von der Arbeitsgemeinschaft Fremdenverkehr Bad Urach e.V.