Der Frieder, der Graf und die Laugenbrezel

Wie die Laugenbrezel in Bad Urach erfunden wurde

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Wenn du innerhalb von drei Tagen einen Kuchen oder ein Brot erfindest, durch welches dreimal die Sonne scheint und das mir besser schmeckt als alles, was ich kenne, dann sollst du frei sein!
Graf Eberhard im Barte

Vor sehr langer Zeit lebte in Bad Urach auf der Schwäbischen Alb der Bäcker Frieder. Eines Tages war er bei dem Grafen Eberhard von Urach in Ungnade gefallen und sollte gehängt werden. Frieder wurde zunächst in das dunkle Gefängnis des Uracher Schlosses gesteckt. Frieders Frau war sehr verzweifelt und bat den Grafen um Gnade. Da Eberhard im Barte ungerne auf Frieders köstliches Gebäck verzichtete gab er ihm noch eine Chance: „Wenn du innerhalb von drei Tagen einen Kuchen oder ein Brot erfindest, durch welches dreimal die Sonne scheint und das mir besser schmeckt als alles, was ich kenne, dann sollst du frei sein!“

Es vergingen zwei wertvolle Tage, ohne dass dem Frieder etwas Großartiges eingefallen wäre. Am dritten und letzten Tage knetete er einen leicht gesalzenen Hefeteig. Doch er konnte einfach keine rechte Form finden. Seine innere Unruhe machte ihm das Nachdenken so schwer: Schließlich ging es um sein Leben! Gefangen in seinen trüben Vorstellungen entstand unter seinen Händen wie von selbst aus einem Stück Teig eine dicke Wurst, die durch das ungleiche Werkeln immer dünner wurde, fast so wie das gefürchtete Seil. Während er sich den Angstschweiß von der Stirn wischte, fiel sein Blick auf seine Frau, die mit unerbittlicher Miene am Türrahmen der Backstube lehnte. Sie hatte die Arme über der Brust verschränkt und sich fest vorgenommen ihrem Frieder irgendwie zu helfen. Diese verschlungenen Arme seiner Frau versuchte der Frieder irgendwie in eine Teigform zu bringen. Die Form war schön und kunstvoll, wie man es von ihm erwarten konnte. Der Frieder war zufrieden und durch die drei sich ergebenden Öffnungen konnte auch die Sonne scheinen. Gemeinsam mit seiner Frau legte er die Teigstücke auf ein Blech neben dem Ofen und machte ein großes Holzfeuer. Den ganzen Tag schon hatte die Katze auf ihrem Plätzchen neben dem Ofen geschlafen. Als ihr der Ofen aber zu heiß wurde, sprang sie mit einem Satz aus ihrer Ecke hervor, mitten auf das Backblech mit den geschlungenen Teigstücken. Diese purzelten in einen Eimer heißer Lauge. Schnell sammelten der Frieder und seine Frau die Teigstücke aus der Lauge. „Die kann ich grad wegwerfen!“ jammerte der Frieder. Da die Zeit drängte und es schließlich um Leben und Tod ging streute Frieder noch schnell einige Körner grobes Salz zur Verzierung auf das Gebäck und schob es in den Ofen. Die beiden staunten nicht schlecht: Das Gebäck war herrlich braun gebacken und in der Mitte hell aufgesprungen. Die Ärmchen waren knusprig und die Mitte weich wie ein Wecken.

Also brachte Frieder sein Gebäck dem Grafen. Der Graf aß schweigend, als er plötzlich aufsprang und es gegen das Fenster hielt. Tatsächlich, die drei Öffnungen ließen den Sonnenstrahl in drei Bündeln hindurchfallen. Der Graf war begeistert. Nun fehlte nur noch ein Name. Der italienischen Prinzessin Barbara, die Frau des Grafen, fiel das Wort „Brazula“ ein, das bedeutet zwei verschlungene Hände. Draus wurde Brazel und bald sagten die Leute einfach Brezel oder Laugenbrezel.

Nach Elke Knittel (Der Frieder, der Graf und die Laugenbrezel) erschienen im Matthaes Verlag, Stuttgart.